Dehnen nach dem Laufen Cool-Down

Richtig Dehnen nach dem Laufen
Die 6 besten Dehnübungen
zum Cool-Down

Ist Dehnen nach dem Laufen überhaupt sinnvoll?

Fragt man zehn verschiedene Laufexperten, wird man wahrscheinlich zehn unterschiedliche Antworten auf die Frage bekommen, ob das Dehnen nach dem Laufen dazugehört und wenn ja, in welcher Form. Die Frage wird sehr kontrovers diskutiert. Die Befürworter von Dehnen weisen darauf hin, dass das Risiko für Laufverletzungen sinkt, die Muskeln, Sehnen und Bänder elastisch bleiben und die allgemeine Gelenkbeweglichkeit verbessert wird.

Die Gegner von Dehnen und Stretchen verweisen hingegen darauf, dass der menschliche Körper das Dehnen nicht benötigt, weil die Jäger der Steinzeit vermutlich auch nicht vor oder nach jedem Lauf ihre Muskeln ausgiebig gedehnt haben. Ihrer Meinung nach führt Dehnen eher zu Verletzungen.

Was für das Dehnen nach dem Laufen spricht

Heute sieht der Alltag für viele Menschen so aus, dass sie den überwiegenden Teil des Tages sitzend verbringen. Dabei wird meistens keine vorbildliche Sitzhaltung eingehalten. Ein Rundrücken mit verkrampfter, eingefallener Schulterpartie ist leider eher die Regel. Die Hüfte ist dabei permanent gebeugt. Durch das lange Halten solcher ungünstigen Positionen verkürzt sich auf Dauer die Muskulatur, sie verliert an Länge und Flexibilität.

Die Verkürzungen äußern sich oft in Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Fehlhaltungen. Die meisten Büroangestellten können davon leider ein Lied singen! Um solchen muskulären Dysbalancen vorzubeugen eignen sich Dehnübungen, denn sie machen Deine Muskelpartien wieder flexibler.

Statisch oder dynamisch dehnen?

Wer Dehnen sagt, meint in der Regel Stretching, was statischem Dehnen entspricht. Dabei wird dieselbe Position für 20 bis 30 Sekunden oder länger gehalten. Statisches Dehnen senkt den Muskeltonus und sorgt für Entspannung und zum mentalen Runterkommen. Es eignet sich daher hervorragend als Cool-Down nach einem Lauf.

Vor einem Lauf solltest Du Dich hingegen nicht statisch dehnen, da es eben den Muskeltonus senkt. So kannst Du Dich leichter verletzen und auch nicht Deine übliche Leistung bringen.

Dynamisches Dehnen steht mehr für Mobilisation mit sanften Bewegungen. Die Muskeln werden dabei locker bewegt und erwärmt. Beim dynamischen Dehnen versucht man, die Endposition durch leichtes Federn zu erweitern. Solche Mobilisationsübungen eignen sich deshalb am besten als Warm-Up vor einem anstrengenden Lauf, um die Muskeln darauf vorzubereiten und die Beweglichkeit zu steigern.

Du solltest Dich also vor einem Lauf mit dynamischen Mobilitätsübungen aufwärmen und nach einem Lauf mit statischen Dehnübungen entspannen

Wie dehnt man sich richtig statisch nach dem Lauf? Das Cool-Down

Um für das Cool-Down Deine Muskelgruppen richtig statisch zu dehnen und sie nicht unabsichtlich zu verletzen solltest Du einige Regeln befolgen. Dehnen sollte immer vorsichtig erfolgen. Höre auf Deinen Körper, er zeigt Dir Deine Grenzen!

  1. Statisches Dehnen und Stretching eignet sich nach einem leichten Lauftraining. Der Lauf sollte Deinen Körper nicht zu stark belastet haben, sonst kannst Du Dir Verletzungen zuziehen.
  2. Halte die Dehnübungen jeweils für 20 bis 30 Sekunden.
  3. Du kannst die Dehnübungen jeweils 2-3x pro Seite wiederholen, um den maximalen Effekt zu erzielen.
  4. Höre auf Deinen Körper und dehne Dich nur bis zur Schmerzgrenze. Wenn Du Dich zu stark dehnst reagiert der Muskel mit einer Gegenspannung. So kann sich der Muskel nicht entspannen, sondern Du erreichst das Gegenteil und bist hinterher noch verspannter.
  5. Achte auf korrekte Ausführung der Dehnübungen. Du kannst dir entweder einen Spiegel zu Hilfe nehmen, oder Du fragst einen erfahrenen Lauftrainer um Rat.
  6. Du kannst Dich zwar bei leichtem Muskelkater dehnen, bei starkem Muskelkater solltest Du aber unbedingt darauf verzichten. Durch das Dehnen in den Muskelkater tust Du Dir keinen Gefallen, weil die Reparaturvorgänge in den strapazierten Muskeln gestört werden und die Regenerationszeit so noch verlängert wird.

Die 6 besten statischen Dehnübungen nach dem Lauf zum Cool-Down

Dehnübung 1: Innerer Oberschenkel (Adduktoren)

Stelle Dich breitbeinig hin. Die Füße stehen parallel zueinander. Lege Deine Hände auf die Hüften und beuge ein Knie zur Seite, während Du das andere Bein gestreckt hältst. Achte dabei darauf, dass Dein Knie nicht über die Fußspitze hinausragt. Du solltest jetzt eine deutliche Dehnung im inneren Oberschenkel des gestreckten Beins spüren. Halte die Position für 30 Sekunden und wechsle dann das Bein.

Dehnen Innerer Oberschenkel

Dehnübung 2: Vorderer Oberschenkel

Stelle Dich hüftbreit hin. Jetzt hebst Du den linken Fuß nach hinten an, umfasst ihn mit der linken Hand und ziehst ihn Richtung Gesäß. Wichtig ist hierbei, die Knie immer zusammen zu halten und die Hüfte etwas nach vorne zu schieben. Du solltest die angenehme Dehnung jetzt im vorderen Oberschenkel spüren. Lasse den Oberkörper die ganze Zeit aufrecht und fixiere am besten einen festen Punkt, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.

Dehnen Vorderer Oberschenkel

Dehnübung 3: Hinterer Oberschenkel und Rücken

Um den hinteren Oberschenkel und den Rückenstrecker zu dehnen, stelle Dich aufrecht und hüftbreit hin. Gehe nun mit gestreckten Beinen und geradem Rücken langsam in die Vorbeuge und versuche mit den Händen den Boden zu erreichen. Wichtig bei dieser Übung ist, dass der Rücken gerade bleibt und die Beugung aus der Hüfte kommt. Fortgeschrittene können zusätzlich vorher die Hände hinter dem Rücken falten. Dabei gehst du in die Vorbeuge, während Deine Arme hinter dem Rücken gestreckt bleiben. Die Übung dehnt nicht nur Deine hinteren Oberschenkel, sondern entlastet nebenbei angenehm auch Rücken- und Schultermuskulatur!

Dehnen Hinterer Oberschenkel und Rücken

Dehnübung 4: Hinterer Oberschenkel

Alternativ oder zusätzlich zur letzten Übung kannst Du deinen hinteren Oberschenkel gut mit Hilfe eines Geländers oder einer Bande dehnen, die ungefähr 1,20m hoch ist. Auch ein Stuhl ist ein gutes Hilfsmittel. Stelle Dich gerade hin und lege die Ferse des einen Beins auf das Geländer. Deine Beine befinden sich jetzt im 90° Winkel. Greife nun mit der gleichen oder mit beiden Händen zu Deiner Fußspitze und ziehe Dich nach vorne. Die Übung dehnt die hinteren Oberschenkelmuskeln des oberen Beins intensiv. Gleichzeitig kannst Du eine Dehnung der Wade im Standbein und im gesamten Rücken spüren. Wichtig ist, dass Deine Beine die ganze Zeit gestreckt bleiben. Halte die Position für 30 Sekunden und wechsle dann das Bein.

Dehnen Hinterer Oberschenkel

Dehnübung 5: Hüftbeuger und Oberschenkelvorderseite

Um den Becken- und Hüftbereich beweglich zu halten und Hüftfehlstellungen vorzubeugen, kannst Du mit dieser Übung Deinen Hüftbeuger dehnen. Stelle dich dafür in einen weiten Ausfallschritt. Stütze Dich mit beiden Händen auf dem vorderen Bein ab und beuge es in einen 90° Winkel. Halte Deinen Oberkörper aufrecht und achte darauf, nicht ins Hohlkreuz zu gehen. Schiebe Dein Becken jetzt nach vorne, bis Du einen Dehnreiz im Hüftbereich spürst. Halte die Position und wechsle die Seiten. 

Dehnen Hüftbeuger und Oberschenkelvorderseite

Dehnübung 6: Schultermuskulatur

Stelle Dich wieder aufrecht hin und hebe die Arme über den Kopf. Jetzt ziehst Du in gerader Haltung mit der linken Hand den rechten Ellenbogen hinter den Kopf. Achte darauf, den Kopf gerade zu halten und ihn nicht zur Seite zu biegen. Du solltest jetzt eine Dehnungsreiz in der rechten Schulter merken. Halte die Position wie immer 30 Sekunden und wechsle dann die Seite.

Dehnen Schultermuskulatur

Wann solltest Du Dich lieber nicht dehnen?

  • Verzichte auf das statische Dehnen nach dem Laufen, wenn Du eine sehr anstrengende Laufeinheit hinter Dir hast. Dein Körper ist nun sowieso schon gestresst und durch ausgiebiges Dehnen könntest Du die Regenerationszeit verlängern.
  • Wenn Du nur eine eher kurze, lockere Laufeinheit vor Dir hast, kannst Du auf das Warm-Up verzichten. Laufe am Anfang einfach locker und steigere Dich nach 10 Minuten.
  • Wenn Du beschwerdefrei bist und keine muskulären Verkürzungen hast, dann kommst Du gut ohne Dehnen der Muskulatur aus und kannst auf Dehnübungen beim Laufen verzichten. Das Verletzungsrisiko lässt sich nach heutigem Wissensstand auch durch regelmäßiges Dehnen nicht senken. Allerdings kannst Du Dich natürlich nach dem Lauf trotzdem statisch dehnen, wenn Dir die entspannende Wirkung gefällt.
  • Bei Überbeweglichkeiten solltest Du auf das Dehnen vor und nach dem Laufen verzichten. Du könntest Deinem Körper damit sogar schaden. Halte Dich lieber an Stabilisationsübungen.


Wir hoffen, dass wir Dir mit unserem Guide helfen konnten. Wenn gerade angefangen hast und allgemeine Tipps zum Laufen suchst, guck doch mal in den Artikel "Laufen für Anfänger" und "Diese 7 Fehler beim Joggen solltest du vermeiden". Einen Ratgeber für Winterkleidung findest du hier: "Laufkleidung im Winter".



Bilder: TAO; Andrea Piacquadio von Pexels